Kategorien
Projekte&Exkusionen

Maria S. Merian

Kennst du die Namensgeberin unserer Schule? – Noch nicht? Das macht nichts. Wie ihr bald merken werdet, gibt es für uns als Schule viele interessante Anknüpfungspunkte. Einige Hinweise dazu verstecken sich schon in diesem Bild:

Doch beginnen wir klassisch – mit einem Text. Oder schrecken dich lange Texte ab? Eine deiner Mitschülerinnen hat für dich hier wesentliche Momente aus Merians Leben zusammengefasst. Danke Sarah!

Maria Sibylla Merian – eine selbstbewusste, vielseitige und außergewöhnliche Frau

Text von Sarah Steindorf
Wer war Maria Merian und was machte sie aus?
  • Sie gilt als eine der bedeutendsten deutschen Naturforscherinnen, welche darüber hinaus die Methoden der Wissenschaft durch systematische Beobachtungen revolutionierte
  • Sie agierte als Künstlerin, Lehrerin, Unternehmerin, Verlegerin und Forscherin in einer Zeit, in der es für Frauen nicht üblich war, eine berufliche Karriere zu verfolgen und sich selbstständig zu verwirklichen
  • Sie reiste nach Lateinamerika, obwohl Forschungsreisen praktisch unbekannt waren und Fernreisen lebensgefährliche Gefahren mit sich brachten
  • Merian setzte sich außerdem über gesellschaftliche Standards und Erwartungen hinaus, um ihre Leidenschaft zu verfolgen und lies somit das damalige Rollenbild der Frau hinter sich, was sie zu einem Leitbild der Emanzipation und der Autonomie der Frau und jeglichen Individuums macht



Maria Sibylla Merian wurde 1647 in Frankfurt am Main als Tochter von Matthäus Merian (Kupferstecher, Topograf und Verleger) geboren, der jedoch schon drei Jahre später an Krankheit und Alter verstarb. Das künstlerische Talent und ihr außergewöhnlicher Forschergeist charakterisierten Maria bereits als Kind, fanden aber bei ihrer strengen Mutter keine Unterstützung. Heimlich in einer Dachkammer übte sie sich im Kopieren vorhandener Kunstblätter, bis schließlich ihr Stiefvater, Blumenmaler Jacob Marrel eine zielgerichtete, künstlerische Ausbildung förderte. Mit elf Jahren war Merian bereits in der Lage, Kupferstiche herzustellen und übertraf ihre Lehrer in der Technik, aus der sich bald ihr ganz persönlicher Malstil entwickeln sollte.
Ihre Blumenbilder ergänzte sie mit kleinen Käfern und Schmetterlingen und fand dabei ihren Weg zur Seidenraupenzüchtung. Zwar wurden im Volksglauben des 17. Jahrhunderts die Insekten, mit denen Merian leidenschaftlich arbeitete, mit Satan in Verbindung gebracht, doch dies hielt sie nicht davon ab, diese selbst zu züchten. Ihre Untersuchungen nutzte sie, um beispielsweise der Metamorphose der Schmetterlinge und ihren Lebensräumen auf den Grund zu gehen, welche die Grundlagen für eines der bedeutendsten Bücher der Naturforschung bildeten: die Metamorphosis insectorum Surinamensium.
Die Darstellungen ihrer Beobachtungen waren für diese Zeit revolutionär. Denn statt wie ihre gelehrten Kollegen Raupe neben Raupe und Falter neben Falter abzubilden, zeigte Maria Sibylla den Schmetterling in all seinen Entwicklungsstadien und gemeinsam mit seiner Futterpflanze auf einem Blatt. Ihr sachlich forschender Blick und die religiöse Ehrfurcht vor dem, was sie als Wunder der Schöpfung erlebte, kennzeichneten in Verbundenheit mit künstlerischer Intensität ihr gesamtes Lebenswerk.

Hier lassen sich die Entwicklungsstadien gut beobachten. Die Darstellung ist so exakt nach der Natur, dass bis heute damit Insekten bestimmt werden können.


Als Achtzehnjährige heiratet sie den Maler Johann Andreas Graff, mit dem sie nach Nürnberg zog. Insgesamt gebar sie zwei Kinder und veröffentlichte mehrere Bestseller mit Kupferstichen von Pflanzen und Insekten. Ein Jahr nach der Geburt ihrer zweiten Tochter erschien mit „Der Raupen wunderbare Verwandlung und sonderbare Blumennahrung“ eine echte Sensation, auf die vier Jahre später ein zweiter Band folgte.
Merians Privatleben verläuft dabei ebenso ungewöhnlich wie ihr beruflicher Werdegang: Sie trennte sich von ihrem Mann und zog mit ihrer Mutter und ihren Kindern in die Niederlande. Während dieser Zeit bildete sich ihre Tochter künstlerisch aus, wobei sie auf Sammlungen mit exotischen Insekten aus der niederländischen Kolonie Surinam stößt. Mit Faszination beschäftigte sie sich mit den vorhandenen Aufschriften und Untersuchungen und bemerkte dabei, dass der Ursprung und die Fortpflanzung der Insekten nicht dokumentiert worden sind. Das Geheimnis, „wie sie sich aus Raupen in Puppen und so weiter verwandeln“, führte sie dazu, „eine große und teure Reise zu unternehmen und nach Surinam zu fahren (ein heißes und feuchtes Land)“. Obwohl Freunde und Bekannte Merian wegen des dort herrschenden extremen Klimas dringend von einer Reise nach Surinam abgeraten hatten, brach die 52-Jährige tatsächlich mit ihrer Tochter nach Lateinamerika auf. Insgesamt zwei Jahre verbrachte sie dort mit Sammeln, Beobachten und Zeichnen von Insekten, bis sie schließlich aufgrund einer Malariaerkrankung gezwungen wurde, ihre Reise abzubrechen. In den Niederlanden veröffentlichte sie schließlich ihre Forschungsergebnisse in ihrem Hauptwerk, Metamorphosis insectorum Surinamensium, das eine Sammlung aus 60 Kupferstichen darstellt. Die Abbildungen ihrer systematischen Beobachtungen gelten sowohl künstlerisch als auch wissenschaftlich als revolutionär und bahnbrechend. Jedoch unabhängig von den wissenschaftlichen Resultaten sorgten vor allem die äußeren Umstände für Aufsehen. Eine geschiedene Frau, die Ende des 17 Jahrhunderts ausschließlich in Begleitung ihrer Tochter Ozeane auf einem Handelsschiff überquert, um zwei Jahre lang in Begleitung von Ureinwohnern in Regenwäldern ihrer wissenschaftlichen Arbeit nachzugehen, repräsentiert den Beginn der Selbstbestimmtheit der Frau in Gesellschaft, Kunst und Wissenschaft und verschaffte ihr in Europa großen Ruhm und Respekt.


Am 13. Januar 1717 stirbt Maria Sibylla Merian mit beinahe 70 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls in Amsterdam. Im selben Jahr veröffentlicht ihre Tochter den dritten Band ihrer Raupenuntersuchungen.
Mit ihrem Leben setzte sie ein Zeichen für die Autonomie jedes Individuums, das durch soziale Umstände in seiner Freiheit und Selbstbestimmung eingeschränkt ist und ohne soziale Unterstützung seine Ziele verfolgt. Merian zeigte in ihrer Lebensweise und ihren Erfolgen, dass man sich nicht von gesellschaftlichen Idealen, Erwartungen und Rollenbildern aufhalten lassen sollte, das zu leben, was man leben will und sich Ziele zu setzen, die anfangs vielleicht unmöglich erscheinen. Denn auf diese Weise wird Geschichte geschrieben und der notwendige Wandel von Gesellschaft, Kultur und Forschung gesichert.